Ich bin bei mir und du so?

Eigentlich lerne ich pro Jahr immer jemanden kennen, der für dieses eine Jahr steht. So kann ich rückblickend irgendwie immer festmachen, in welchem Jahr ich zu wem Kontakt hatte. Eigentlich gehe ich mindestens einmal pro Jahr auf ein Date und lerne eben einen Mann kennen. Das ist dieses Jahr bisher noch anders (wir haben ja noch drei Monate vor uns).

Kein Mann ist bisher „bestimmend“ für 2023. Ich habe niemanden neu kennengelernt. Selbst aus der ersten Jahreshälfte aus dem Online-Dating ist mir niemand in Erinnerung geblieben. Das ist auch völlig okay. Mit dem Cut vom online Kennenlernen ist auch etwas mit mir passiert.

Die ersten Monate nach dem Catfish war ich wütend und konnte mit der „Männerwelt“ auch nicht viel anfangen. Die sozialen Medien mit der Darstellung von Sexismus und anti-feministischen Beiträgen haben die Wut nur bestärkt. Genauso meine Gedanken an vergangene zwischenmenschliche Beziehungen und dem toxischen Kennenlernen. Ich konnte die Wut an nichts festmachen. Mir selbst gab ich keine Schuld. Ich war nicht wütend auf mich. Das Brodeln war einfach in mir drin. Und weil man so ein Gefühl nicht überfühlen kann, musste ich mich eben mit mir auseinandersetzen.

Das heißt, ich habe Dinge alleine gemacht, habe mich auf mich konzentriert und habe gleichzeitig die Wahrnehmung auch nach Außen gerichtet. Habe die kleinen Momente mit fremden Personen genossen, habe viele Dinge getan, die ich schon immer einmal tun wollte. Und wenn es mir einmal zu viel wurde, bin ich wieder in meine eigenen vier Wände zurückgekehrt. Ich habe mich mehr zelebriert.

Instagram half mir trotzdem ein bisschen meine Wut zu verstehen, denn auch dort war die Frage gegeben, was Wut eigentlich ist. Die schlaue Antwort lautete: „Es ist eine Strafe, die wir uns selbst geben, für den Fehler eines anderen.“ Und es stimmt. Ich war ja nicht wütend auf mich selbst, sondern erst so richtig, seit dem ich den Catfish gehabt hatte. Und der hatte die Wut ausgelöst, ohne dass es nur auf ihn beschränkt war, sondern eben auf „alle“ Männer da draußen.

Trotzdem platzte die Wut irgendwann aus mir heraus, weil ich nicht mehr wusste, wie ich damit umgehen sollte. Weil ich eben kein wütender Mensch bin und schon gar nicht ein permanent angenervter. Ich bin nicht immer leise, häufig nur, wenn ich mich unwohl fühle. Ansonsten bin ich laut, rede viel und finde manchmal kein Ende. Und wenn man merkt, dass ich leise werde, dann stimmt etwas nicht. Aber mit dem Ausbrechen dieser Wut kam auch das Ende dieser.

Ich bin weiter mit mir selbst gereist. Ich habe jeden Tag ein bisschen mehr zu meinem gemacht. Durch Aktivitäten alleine, durch Dates mit Freundinnen oder durch die Auswahl meiner Kleidung. Ich habe mich für mich entschieden. Voll und ganz. Ich möchte nicht behaupten, dass ich selten von Männern angesprochen werde, aber in den letzten Jahren war die „Erfolgsquote“ dann doch eher bei Null. Und plötzlich wurde ich innerhalb von drei Wochen von drei Männern angesprochen. Egal, wie mies oder nicht hübsch ich mich auch an dem Tag gefunden habe. Egal, wie ungeschminkt ich auch unterwegs war. Es war nicht mein Äußeres, was diese Personen angesprochen hat. Es war meine Ausstrahlung. Denn das zieht an und macht attraktiv. Und ich fühle das immer deutlicher auch in mir. Nicht, dass ich mich je unattraktiv gefunden habe, aber es ist ein anderes Gefühl, wenn man sich richtig wohl in der eigenen Haut fühlt. Und damit nicht nur das Äußerliche, sondern auch innerlich. Dass man sich selbst zelebriert. Zufrieden ist. Bei sich.

Man wirkt und ist eben glücklicher, wenn man sich selbst so positiv behandelt, wie man anderen Menschen gegenübertritt. Wenn man Grenzen setzt und diese auch kommuniziert und dabei gleichermaßen auch andere Grenzen versteht. Wenn man sich mit seinen eigenen Gefühlen auseinandersetzt. Den positiven und den negativen. Wenn man sich selbst priorisiert und zelebriert. Wenn man sich nicht die Schuld für vergangene Fehler gibt, sondern es als einen Lernaspekt sieht, mit dem man arbeiten kann. Wenn man sich selbst dankbar ist und auch alles daran setzt, sich weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch sich selbst so zu akzeptieren wie man ist, mit allen Ecken und Kanten.

Autor: wieinlimonade

Ich bin Mona und schaue manchmal ein bisschen zu viel Netflix, lese mehr oder minder viele Bücher, bin eher realistisch als romantisch und immer auf der Suche nach der Antwort auf die Frage: "Warum?".

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